Deine Schwestern finden das Kleid aber sehr schön!
Kennen Sie solche oder ähnliche Geschichten?:
Meine Mutter hatte sich ein neues Kleid gekauft, zog es an und fragte mich:
Wie findest du das?
Ich daraufhin:
Na, ja, die Farbe steht dir nicht so toll, finde ich.
Und ein wenig kurz ist es.
Prompt kam von meiner Mutter sehr, sehr energisch:
Deine Schwestern finden das Kleid aber alle sehr schön.
Warum erzähle ich das hier?
Weil es um das Thema Feedback geht.
Angeregt dazu hat mich Nicole Gugger mit ihrem sehr lesenswerten Beitrag:
Plädoyer für eine neue Feedback-Kultur
Meine Geschichte hier beleuchtet das Thema:
Wird wirklich nach Feedback gefragt?
Wie wird mit dem Feedback umgegangen?
Wie kann ich herausfinden, welche Antwort gehört werden will?
Meine Mutter wollte natürlich überhaupt nicht hören, dass mir das neue Kleid
nicht sonderlich gefällt. Sie wollte Lob für ihren guten Geschmack.
Begeisterung darüber, dass ihr das Kleid so supergut steht.
Annerkennung eben.
Keine Kritik.
Auf gar keinen Fall Kritik.
Weil die aber trotzdem kam, wurde die:
“Anderen gefällts aber” Karte gezogen
und prompt ausgespielt.
Was am Ende zur Aussage führt: Du hast eh vom Thema keine Ahnung,
ich hab dich nur aus Höflichkeit Nettigkeit was-weiß-ich-denn Gründen gefragt,
meine Entscheidung/mein Kauf/mein Workshop war super, ist doch wohl klar!
So wird immer wieder scheinbar nach Feedback gefragt und an uns
ist es zu erkennen, was hinter der Frage wirklich steht, welche Antwort wohl erwartet wird.
Weil ich selbst das nur nach Gefühl entscheide und dadurch mit meinen Antworten
schon in tiefen Fettnäpfchen gelandet bin, meine Frage an die Fachleute:
Mit welchen Fragen kann man herausfinden, worum es am Ende wirklich geht?
2 Kommentare zu “Deine Schwestern finden das Kleid aber sehr schön!”
Hallo Martina,
ja klar kenne ich solche Geschichten. Meistens oder zumindest ziemlich oft, wenn Fragen so oder so ähnlich gestellt werden, will der Fragende gar kein Feedback, sondern … aber das ist einen ganzen Blogbeitrag wert, den ich bald schreiben werde. Danke für den Impuls!
Zu den Fragen: da gibt es m. E. keine Standardlösung. In der geschilderten konkreten Situation hätten folgende Gegen-Fragen auf die richtige Spur führen können:
Hast Du vielleicht Zweifel, dass es Dir steht?
Alternativ:
Ich finde [die Farbe, den Schnitt, den Stoff …] angenehm. Was gefällt Dir denn besonders an dem Kleid?
Mit beiden Varianten dürfte man den Intention der Ausgangsfrage näherkommen.
Zwar bin ich kein Fachmann – ich nehme nur meine Lebenserfahrung, und die macht es mir an sich sehr einfach:
a) beachten, ob die Frage tatsächlich eine Frage war, oder eben nur eine rhetorische
Manchmal bietet sich an, in eine kritische Abfrage ausweichen – s.o.: “Hat Dich xxx so begeistert?” (xxx= der Stoff, die Farbe, der Schnitt – evtl. verstärkt “der sehr jugendliche Schnitt” etc. um die richtige Frage zu erkennen.
b) beachten, welche Frage gestellt wurde – ob und wenn, welche Handlungen überhaupt noch zur Debatte stehen können. Wer schon gekauft hat, sucht eher nur Bestätigung für seinen Entschluss.
Das gilt für private wie geschäftliche Fragen – am Ende achte ich drauf, mir selbst treu sein – das Risiko einzugehen, mit ehrlicher, richtiger Antwort falsch geantwortet zu haben.